Nach langer Zeit des Wartens und Träumens war es endlich wieder so weit: Ein Tag am Wasser, ganz für mich, mit der Fliegenrute in der Hand. Am Nachmittag, gegen 14 Uhr, kam ich am Fluss an – einem meiner Lieblingsabschnitte im idyllischen Sauerland.
Der unerwartete Zwischenfall
Beim Aussteigen aus dem Auto passierte es: Mein Handy rutschte mir aus der Hand und fiel unsanft auf den Asphalt. Danach funktionierte es nicht mehr. Ich hätte den Tag gern mit ein paar Fotos festgehalten, aber vielleicht war genau das auch ein kleiner Segen. Denn so blieb der Blick frei für das Erleben selbst. Vielleicht ist das sogar ein Grund, warum ich diesen Bericht so ausführlich schreibe – um festzuhalten, was mir an Bildern verwehrt blieb.
Die Vorfreude und die ersten Eindrücke
Die Vorfreude war groß, denn solche Tage sind selten geworden. Das Wasser war an diesem Tag leicht angetrübt, fast schon geheimnisvoll in seiner Farbe, und führte mäßig. Die Bedingungen waren nicht ideal, aber genau das macht den Reiz aus. Die Sonne stand hoch am Himmel, doch der stetige Wind mit seinen starken böigen Spitzen machte es mir Wurftechnisch nicht immer leicht.
Erster Abschnitt: Stille und Konzentration
Der erste Abschnitt, den ich mir vornahm, war ein breiter, ruhig fließender Teil des Flusses – perfekt, um verschiedene Muster auszuprobieren und mich wieder in den Rhythmus des Werfens hineinzufinden. Es war eine stille, fast meditative Atmosphäre, nur unterbrochen vom leisen Plätschern des Wassers und dem Surren der Insekten in der Luft. Ich war ganz in meinem Element. Ich warf viel, konzentriert und ausdauernd, ließ die Nymphen abdriften und die Trockenfliegen tanzen. Vier Mal spürte ich das aufregende Ziehen an der Leine – vier Kontakte, die den Puls kurzzeitig schneller schlagen ließen.
Zwei davon führten schließlich zum Erfolg: prächtige Bachforellen, wild gezeichnet, kräftig und wunderschön. Sie lieferten einen spannenden Drill und erinnerten mich daran, warum ich diesen Sport so liebe.
Begegnung mit den Äschen
Auf eine länge von ca.200 Metern konnte ich sechs stattliche Äschen spotten. Alle waren an unterschiedlichen Stellen zu finden. Das spannendste Erlebnis war, als ich eine der Äschen in einem tiefen Kolk entdeckte. Ich stand selber fast bis zum Bauch im Wasser und watete nur sehr langsam, als ich den Fisch etwa 5 bis 6 Meter vor mir entdeckte. Ich beobachtete, wie sie sich bewegte – leider war sie völlig inaktiv. Natürlich versuchte ich mein Glück, doch ein Happy End blieb aus. Nur eine der gespotteten Äschen zeigte sich ein wenig bewegungsfreudiger und nahm scheinbar Nahrung aus der Strömung. Die anderen verharrten nahezu unbeweglich.
Fremdkörper im Fluss
Zwischendurch, im Verlauf des Tages, fielen mir eine leere Getränkedose auf, die tief unten am Grund lag und von der Strömung langsam über das Kiesbett gerollt wurde – träge, aber unübersehbar fehl am Platz inmitten der natürlichen Harmonie des Flusses. Die Dose hatte ein helles glänzendes Blau, und im getrübten Wasser, besonders durch den Reflex des Sonnenlichts, das bei der Drehbewegung der Dose aufblitzte, dachte ich zunächst, es sei die Flanke eines aktiven Fisches. Erst beim näheren Hinsehen erkannte ich, was es wirklich war. Die Dose war nicht leicht zu erreichen, aber ich habe sie trotzdem rausgeholt.
Wechsel des Abschnitts und neue Herausforderungen
Gegen 18:00 Uhr wechselte ich den Abschnitt und suchte mir eine andere Stelle. Das Wasser war hier mäßig breit, eher flach und durchzogen von starken Riefen. Der Druck des Flusses war spürbar höher, und die Strömung kräftiger. Ich bewegte mich ohne Watstock im Wasser, was mich mehrmals beinahe in ein kühles Bad geführt hätte. Doch die Herausforderung reizte mich, und ich war gespannt auf das, was noch kommen würde.
Die Fliege des Tages: Appetizer
Die Fliege des Tages war der Appetizer. Nach dem dritten Wurf hatte ich bereits den ersten Kontakt. Leider sollte es der einzige in diesem Bereich bleiben. Ich fischte noch etwa eine Stunde stromabwärts und testete verschiedene Stellen: mal sehr stark strömende Bereiche, mal ruhigere Zonen mit interessanten Kehrwässern und Rieselstellen. An einer dieser Stellen hatte ich vor Jahren einmal eine große Bachforelle vom Grund geholt.
Dieses mal blieb der Erfolg aus.
Ein Insektenmeer und ein ruhiger Tag
Den ganzen Tag über war das Wasser von einer unglaublichen Menge an Insekten belebt – Köcherfliegen, Sedges und Eintagsfliegen flogen in dichten Schwärmen, ab und zu auch eine Maifliege. Es war wirklich beeindruckend, wie viele Insekten unterwegs waren, und dennoch lockte das Schauspiel kaum einen Fisch an die Oberfläche. Ich sah nur fünf Fische, die in gewisser Distanz an die Oberfläche kamen.
Letzter Abschnitt und Fazit
Gegen 19:30 Uhr wechselte ich ein letztes Mal die Stelle. Ich fischte bis zum Einbruch der Dunkelheit und probierte alles aus: starke Strömungen, tiefere Kolke, flache Wasserpartien – und auch verschiedene Fliegenmuster, von Trockenfliegen über Nymphen bis hin zu Streamern und Hopper-Dropper-Kombinationen. Doch trotz aller Versuche blieb es ruhig. Kein Fisch nahm meine Köder. Manchmal ist es eben nicht der Tag, aber das gehört dazu.
Gegen 21:30 Uhr, als die Sonne langsam hinter den Hügeln verschwand und das Licht golden über der Wasseroberfläche lag, packte ich meine Sachen zusammen und beendete meinen Fischtag – zufrieden, ruhig und mit dem Gefühl, genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein. Es war ein schöner, erfüllter Tag – mitten in der Natur. Natürlich hätte ich mir ein paar mehr Kontakte und vielleicht auch den einen oder anderen zusätzlichen Fang gewünscht. Gerade an solchen seltenen Tagen hofft man doch insgeheim auf ein kleines Wunder am Wasser. Doch am Ende war das alles nicht entscheidend. Das Gesamtpaket stimmte – die Landschaft, das Licht, die Ruhe, das Wasser, die Bewegung und das einfache Dasein draußen. Besonders das abendliche Naturschauspiel mit den unzähligen Insekten, die im diffusen Licht über der Wasseroberfläche tanzten, wird mir noch lange in Erinnerung bleiben.
Vielen Dank fürs Lesen
Maik